Neuer Trainer mit neuen Zielen in neuer Halle

Von Daniel Klein
Die Schwimmhalle am Freiberger Platz kennt Dirk Bludau noch von früher, ganz früher. Bei DDR-Meisterschaften stand der Berliner in den 1980er-Jahren hier auf dem Startblock. Als neuer Trainer am Landesstützpunkt kehrte er nun in die Halle zurück. Sein erster Eindruck: „Hier hat sich nichts verändert. Da musste ich leicht schlucken“, gibt der 45-Jährige zu. „Aber es wird ja jetzt alles besser.“
Neben der alten, maroden Halle, wurden bereits die Fundamente für einen Neuausbau ausgehoben, in zwei Jahren soll der fertig, in vier Jahren auch die DDR-Halle saniert sein. „Dann“, sagt Bludau, „haben wir hier zwei Becken mit 50-Meter-Bahnen und den modernsten Schwimmkomplex in ganz Deutschland.“ Beste Aussichten also.
Bludau geht jeden Tag am Bauzaun vorbei, einmal pro Woche hält er die Fortschritte mit einer Kamera fest. Die 24-Millionen-Investition könnte symbolisch auch für einen Neustart des Dresdner Schwimmsports stehen. Der neue Chef drückt es etwas vorsichtiger aus: „Sie ist die Grundlage dafür, dass wir hier künftige Spitzenleute ausbilden können.“
Der Standort Dresden hat eine lange und erfolgreiche Tradition. Hier trainierten Olympiasieger und Weltmeister wie Kornelia Grummt-Ender und Dirk Richter. Zuletzt jedoch wanderten die größten Talente nach Berlin, Hamburg, Halle und Leipzig ab. Zum einen wegen der maroden Halle und fehlender Trainer, zum anderen, weil es das Stützpunktsystem des Deutschen Schwimmverbandes (DSV) so vorschreibt. „Unsere Aufgabe ist es weiterhin, Schwimmer mit Perspektive nach der zehnten Klasse an den Nachwuchs-Bundesstützpunkt nach Leipzig zu delegieren“, erklärt Bludau, und man merkt ihm an, dass diese offizielle Vorgabe nicht unbedingt mit seiner persönlichen Meinung übereinstimmt. Langfristig müsste dieses Konzept überdacht werden, formuliert er diplomatisch.
Nach dem Abschluss der Neu- und Umbauten sind die Trainingsbedingungen besser als in Leipzig. Warum also sollte der Bundesstützpunkt dann nicht nach Dresden umziehen? „Ich bin ein Verfechter der These: Die besten Sportler sollen bei den besten Trainern unter den besten Bedingungen trainieren“, erklärt er. Man könnte das als Werbung in eigener Sache interpretieren.
45 Talente zwischen der fünften und zehnten Klasse schwimmen derzeit in Dresden mit der Perspektive Leistungssport. Nach Fertigstellung der Doppelhalle wäre Platz für viel mehr. Die bräuchten aber dringend auch Aushängeschilder, an denen sie sich orientieren könnten, fordert Bludau. Die Abwanderung soll also gestoppt werden.
Das hätte nebenbei auch ganz praktische Vorteile. Das Dresdner Sportgymnasium müsste in der Oberstufe nicht über so viele Abgänge klagen, und der Dresdner Stützpunkt nicht über gestrichene Fördergelder. Deren Höhe richtet sich nach der Anzahl der Kaderathleten. Dresden wurde zuletzt dafür bestraft, dass die größten Hoffnungsträger an die Bundesstützpunkte abwanderten. Obwohl gerade das vom Verband gefordert wird. Ein Unding, findet Bludau.
Zu den deutschen Kurzbahn-Meisterschaften war er vergangene Woche mit fünf Dresdnern nach Wuppertal gefahren – darunter auch sein 16-jähriger Sohn Urs, ein Brustspezialist. „Er ist auf allen Strecken Bestzeiten geschwommen“, erklärt sein Vater mit Stolz. Damit ist der Familienclan aber noch nicht komplett. Ehefrau Kirsten Bludau betreut den kleinen Nachwuchs bis zur vierten Klasse. Der Dresdner SC finanziert nach vielen Jahren erstmals wieder eine feste Stelle. Auch das ist ein Signal für einen Neuanfang.
Bludau gehörte von 1983 bis 1994 den jeweiligen Nationalmannschaften an, konzentrierte sich zunächst auf die 1 500 Meter Freistil, kam da aber nicht an Jörg Hoffmann und Uwe Daßler vorbei. Nach dem Umstieg auf die kürzeren Strecken feierte er mit Staffel-Bronze bei der Europameisterschaft 1993 in Sheffield seinen größten Erfolg. „Für Einzeltitel hat es leider nicht gereicht, weil meine Hände und Füße zu klein sind. Da fehlte der nötige Abdruck im Wasser“, erklärt er.
Nach seiner Sportlerkarriere erwarb der gelernte Koch alle Trainerlizenzen, arbeitete zunächst in Berlin, dann vier Jahre in Norwegen, zuletzt in Münster und Karlsruhe. In Dresden beerbt er Marcel Mendritzki, der nach nur einem Jahr aus persönlichen Gründen gekündigt hatte. Alle Zeichen stehen auf Neustart.
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